BR Lebenslinien, 45 min, Montag, 5. Oktober 2020, 22 Uhr
ARD Echtes Leben, 30 min, Sonntag, 4. Oktober 2020, 17:30 Uhr
In einer Zeit, in der die Zahl der Kirchenaustritte ansteigt und die der Kirchenbesucher abnimmt, fällt er auf: Rainer Maria Schießler, katholischer Pfarrer der Gemeinde St. Maximilian im Glockenbachviertel mitten in München. Schießler ist bekannt für seine medienwirksamen Auftritte, seine provozierenden Predigten und seinen direkten, unkonventionellen Stil. Er will, dass die Kirche sich verändert, er fordert mehr Mut und Offenheit – beim Thema Zölibat, beim Thema Homosexualität, was die Mitwirkung von Frauen in der Kirche betrifft, und beim Umgang mit dem Islam.
Schießler begeistert, polarisiert, schockiert – spätestens seit er sich offen zu seiner Lebensbegleiterin Gunda bekennt und als Wiesn-Kellner arbeitet. Das macht ihn zu einem der bekanntesten katholischen Pfarrer von München und Bayern. Die einen lieben ihn dafür, die anderen nennen ihn „Rampensau“, er sei eitel und geltungsbedürftig. Die Kirchenoberen ignorieren ihn, zu kritisch und reformfreudig, mit eigenwilligen Ideen. Doch Karriere in der Kirchenhierarchie wollte Schießler sowieso nicht machen. Pfarrer mit einer eigenen Gemeinde und das auch noch einer ganz besonderen, dem Glockenbachviertel, sei für ihn das Beste, was passieren konnte. Das sei seine Bestimmung, seine Familie, sagt er.
Der Film über Rainer Maria Schießler zeigt Seiten, die Schießler-Fans kennen, seine Auftritte, Predigten und medienwirksamen Aktionen. Aber vor allem zeigt der Film neue, private Seiten, die Schießler besonders prägen und geprägt haben: Wegbegleiter heute und früher, die biografischen Stationen der Kindheit und Jugend, die Zweifel, die Frust- und Trauermomente, die Konflikte mit der starren Kirchenhierarchie, dem Zölibat, den Anfeindungen.
Zwischen Rebellion, Provokation und Geltungsbedürfnis, sozialem Engagement, Verwurzelung im Viertel und dem unkonventionellen Zugang zum Glauben – R. M. Schießler ist eine spannende Persönlichkeit:Woher kommt dieser Mut und diese Überzeugung, so zu leben, sich offen gegen seine Kirche zu stellen? Warum bleibt R. M. Schießler in der Kirche? Und ist seine Präsenz in der Öffentlichkeit Ausdruck seiner Eitelkeit oder dient sie, wie er selbst sagt, um den Glauben den Menschen näher zu bringen?